Veranstaltung: | 40. Landesdelegiertenkonferenz 2018 |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 3.2. Sozial (Kapitel und Projekte) |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Landesdelegiertenkonferenz |
Beschlossen am: | 24.11.2018 |
Eingereicht: | 21.12.2018, 18:24 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Chancen für alle: Faire Arbeit
Beschlusstext
Ob Erwerbsarbeit, Ehrenamt oder Familienarbeit: Arbeit hat in unserer Gesellschaft einen zentralen Stellenwert. Gute Erwerbsarbeit ist für viele die Grundlage für ein gesichertes Einkommen, soziale Anerkennung und ein selbstbestimmtes Leben in Würde. Globalisierung und Digitalisierung wirken sich besonders stark auf die Arbeitswelt aus. In Brandenburg sind viele neue Arbeitsplätze entstanden, die Zahl der Arbeitslosen ist heute mit unter sieben Prozent so niedrig, wie noch nie seit 1991. Doch viele der Arbeitsplätze sind befristet, Minijobs oder unsichere Leiharbeit. Auch das Lohngefälle zu den westlichen Bundesländern ist nach wie vor groß, mehr als ein Drittel aller Beschäftigten in Brandenburg arbeitet im Niedriglohnsektor - oft in Jobs, in denen sie so wenig verdienen, dass sie mit Wohngeld oder Arbeitslosengeld II (ALG II) aufstocken müssen.
Wir wollen nicht zulassen, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter aufgeht. Unser grünes Gesellschaftsbild ist geprägt von Chancengleichheit, Solidarität und Teilhabe. Sozialverträgliche Beschäftigung und faire Entlohnung gehören für uns zu den Grundlagen nachhaltigen Wirtschaftens. Schlecht bezahlte, unsichere Jobs erschweren die Lebens-und Familienplanung und führen auf Dauer zu Armut im Alter. Die Herausforderung der Zukunft wird es sein, einen Arbeitsmarkt zu schaffen, der allen Menschen gerechte Chancen und fairen Arbeitslohn bietet.
Wir setzen uns für die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein, für ein Ende der Lohndiskriminierung von Frauen und gleichen Lohn für gleiche Arbeit. „Typische Frauenberufe“, beispielsweise in der Pflege, müssen endlich aufgewertet und besser bezahlt werden – Geschlechterstereotype bei der Berufswahl wollen wir überwinden.
Arbeit bedeutet gerade für Menschen mit Behinderung gesellschaftliche Teilhabe. Deshalb wollen wir ihnen bessere Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt ermöglichen und dazu Modellprojekte initiieren.
Verkaufsoffene Sonntage sehen wir sehr kritisch. Sie behindern die Familienzeit der Angestellten, untergraben den letzten weitgehend kommerzfreien Wochentag und begünstigen die großen Ketten gegenüber den kleinen Läden, die zusätzliche Öffnungstage oft nicht stemmen können. Wir wollen sie deshalb auf ganz besondere Anlasse reduzieren.
Öffentliche Hand als Vorbild
Errungenschaften wie der Mindestlohn dürfen nicht aufgeweicht werden. Prekäre Entlohnung im öffentlichen Auftrag darf es nicht geben. Das betrifft die Vergaberichtlinien des Landes Brandenburg genauso wie prekäre Beschäftigungsverhältnisse an Musik- und Hochschulen. Wer aus öffentlichen Mitteln finanziert wird, muss eine faire Bezahlung erhalten. Die öffentliche Hand wollen wir zum Vorbild für gute Arbeit machen. Mobbing, Überstunden, ständige Erreichbarkeit: Arbeit darf nicht krank machen. Deshalb werben wir für eine gesundheitsfördernde Arbeitskultur und altersgerechte Arbeitsplätze.
Die Beteiligungsrechte der Personalräte im Personalvertretungsgesetz Brandenburg wollen wir ausbauen, besonders in Bezug auf Arbeitsverdichung und die Auswirkungen der Digitalisierung. Verstöße gegen die Beteiligungsrechte der Personalräte müssen gerichtlich unterbunden werden können.
Langzeitarbeitslose in Arbeit bringen
Immer noch sind in Brandenburg mehr als 80.000 Menschen ohne Arbeit. Um sie dauerhaft in Arbeit zu vermitteln, müssen sie individuelle Betreuung und Zugang zu aktivierender und qualifizierender Förderung erhalten. Wir wollen die Qualifizierungsmaßnahmen für Arbeitslose verbessern. Wir brauchen sinnvolle Weiterbildungsmaßnahmen, die nachhaltig wirken und nicht nur dazu dienen die Statistik zu schönen. Diese müssen auf Augenhöhe mit den Betroffenen regelmäßig evaluiert und weiter ausgebaut werden. Die Sanktionen gegenüber ALG II-Bezieher*innen sind wirkungslos und diskriminierend. Die Hinzuverdienstregeln sind zudem so restriktiv, dass sich Arbeit kaum lohnt und das ALG II zu einer Stilllegungsprämie verkommt. Wir fordern deshalb auf Bundesebene ein Ende der Sanktionen, bessere Hinzuverdienstregeln und eine Reform der Grundsicherung. Statt Androhung und Strafe wollen wir Motivation, Anerkennung und gute Beratung. Das setzt voraus, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jobcenter
und Arbeitsagenturen gut geschult sind und Zeit zur individuellen Betreuung haben. Auf Bundesebene setzen wir uns für ein wissenschaftlich begleitetes Modellprojekt zum bedingungslosen Grundeinkommen (BGE) ein
Die Lage der Langzeitarbeitslosen ist besonders schwierig. Arbeitsmarktprogramme,
die auf die Förderung und Integration dieser Personengruppe in den Arbeitsmarkt abzielen unterstützen wir. Dazu zählen wir auch die Möglichkeit des „Sozialen Arbeitsmarkts“, bei dem Unternehmen, die Langzeitarbeitslose einstellen Lohnkostenzuschüsse erhalten. Wichtig für den Erfolg dieser Maßnahme ist ein begleitendes Coaching und kontinuierliche Weiterbildung der Beschäftigten mit dem Ziel der Integration in den „ersten“ Arbeitsmarkt. Diese Maßnahmen unterstützen wir, in dem wir uns für die Bereitstellung ausreichend qualifzierten Personals einsetzen und ggf. zusätzliche Mittel für betriebsnahe Weiterbildung bereitstellen.
Für uns steht dabei im Vordergrund, dass die Programme auf Langfristigkeit angelegt sind. Langzeitarbeitslosen Menschen wird dadurch die Aufnahme einer regulären, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung erleichtert. Soziale Teilhabe wird wieder möglich. Die bestehende Maßnahme „Integrationsbegleitung für Langzeitarbeitslose und Familienbedarfsgemeinschaften“ möchten wir fortführen.