Veranstaltung: | 40. Landesdelegiertenkonferenz 2018 |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 3.3. Weltoffen (Kapitel und Projekte) |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Landesdelegiertenkonferenz |
Beschlossen am: | 25.11.2018 |
Eingereicht: | 21.12.2018, 23:12 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Frauen an die Spitze: Gleichstellung
Beschlusstext
Die Gleichberechtigung der Geschlechter ist vielfach noch ein uneingelöstes Versprechen. Wir wollen gleiche Chancen für alle, in allen Bereichen und Lebenslagen.
Was die Gleichstellung angeht, steht Brandenburg in vielen Bereichen im Bundesvergleich ganz gut da: Die Erwerbsbeteiligungsquote von Frauen ist mit 73 Prozent relativ hoch und die geschlechtsspezifische Lohnungleichheit („gender pay-gap“) mit sechs Prozent niedrig. Aber: Unter den Teilzeitbeschäftigten sind drei Viertel Frauen, viele unfreiwillig, weil sie gerne mehr arbeiten würden. In Brandenburg legen 46 Prozent der Mädchen gegenüber 35 Prozent der Jungen das Abitur ab. Aber: An den Hochschulen sind trotzdem nur 23 Prozent der Professuren weiblich besetzt. Obwohl sie durchschnittlich erfolgreicher in der Schule abschneiden, entscheiden sich weiterhin fast 50 Prozent aller junger Frauen für nur zehn Ausbildungsberufe – darunter viele der sogenannten „Frauenberufe“ mit schlechter Bezahlung und geringen Aufstiegschancen. Wir wollen überkommene Rollenbilder aufbrechen und mehr Männer in die sozialen Berufe und mehr Frauen in Technik und Naturwissenschaft holen. Deshalb möchten wir aus
dem jetzigen „Zukunftstag“ wieder einen echten „Girl’s Day“ machen und analog dazu einen „Boy’s Day“ einführen.
Wir wollen die Armut von Frauen wirksam bekämpfen. In der Regel sind es noch immer die Frauen, die unentgeltlich die Kinder versorgen, die Hausarbeit leisten und Angehörige pflegen. Das Armutsrisiko von Alleinerziehenden liegt sehr hoch, und Alleinerziehende sind zu über 90 Prozent Frauen. Dabei ist die Armut von Alleinerziehenden meist untrennbar mit der Armut der Kinder verbunden. Die besten Mittel gegen Frauen-, Kinder- und Altersarmut sind eine gut bezahlte familienfreundliche Arbeit oder selbstständige berufliche Existenz und die gerechte Verteilung der Erziehungs-, Pflege- und Sorgearbeit. Wir setzen uns deshalb auf Bundesebene für die Eindä̈mmung von prekärer Beschaäftigung, für die Schaffung von mehr sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen, für existenzsichernde Mindestlöhne, für eine Kindergrundsicherung und die Verbesserung des Familienlastenausgleichs im Steuer-, Sozial- und Familienrecht ein. Auf Landesebene wollen wir Möglichkeiten zu einer
weiterführenden Unterstützung alleinerziehender Frauen prüfen.
Den öffentlichen Dienst und die landeseigenen Unternehmen wollen wir zu einem Vorbild für gleiche Chancen und Chancengerechtigkeit machen. Insebsondere wollen wir Möglichkeiten zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern und für angehende Lehrer*innen und Jurist*innen ein Teilzeitreferendariat ermöglichen.
Da es noch immer Defizite bei der Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes gibt, wollen wir in der nächsten Legislaturperiode gezielte Initiativen und Maßnahmen zur konsequenten Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes entwickeln. Wir streben eine Überarbeitung des Landesgleichstellungsgesetzes an und wollen u.a. prüfen, ob Gleichstellungsteams (eine Frau, ein Mann) dazu dienen können, Väter bei der Inanspruchnahme von mehr als zwei Monaten Elternzeit zu unterstützen. Eine paritätische Aufteilung der Familienarbeit beginnt schon bei der paritätischen Aufteilung der Elternzeit.
Wir müssen wieder heftige Reaktionen des neurechten Milieus gegen die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Mädchen in unserer Gesellschaft erleben. Wir werden der antiemanzipatorischen Propaganda der Neuen Rechten gegen Frauen, LSBTTIQ*, Menschen mit Behinderungen, Migranten*innen, Langzeitarbeitslose entschieden Einhalt gebieten.
Auffällig ist, dass der Frauenanteil in der Politik im Bundestag stark gesunken ist und in Brandenburg von der Landtagsebene zur kommunalen Ebene hin kontinuierlich abnimmt. So beträgt der Frauenanteil im Bundestag 37,1 Prozent, im Landtag Brandenburg zu Beginn der 6. Wahlperiode 36,4 Prozent, bei den Kreistagsmandaten 25 Prozent und in den Gemeindevertretungen gerade einmal 23 Prozent. Hier wollen wir mit mehr Unterstützung wie einem „Mentoring-Programm“ und einem „Parité-Gesetz“, das wir 2018 in den Landtag eingebracht haben, entgegenwirken.
Die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten wollen wir in ihrer Arbeit stärken. Gleichstellungsbeauftragte setzen den Wandel für mehr Geschlechtergerechtigkeit um, sie wirken nach innen und außen und benötigen mehr Rechte. Unser Ziel sind volle, hauptamtliche Gleichstellungbeauftragte in allen Kommunen mit mehr als 20.000 Menschen.
Wir werden bei allen Entscheidungen auf allen Ebenen die Lebenssituation und die Interessen von Frauen berücksichtigen, d.h. wir setzen uns konsequent für das Leitbild der Geschlechtergerechtigkeit („Gender-Mainstreaming“) ein. Wir stehen für den geschlechtergerechten Haushalt („Gender Budgeting“), damit sich Gleichberechtigung auch im Landeshaushalt als gerechte Verteilung der Mittel niederschlägt.
Damit Frauen frei wählen können, wo und wie sie ihr Kind zur Welt bringen, stärken wir die Hebammenversorgung.
Frauen und Kinder sind leider immer noch in allen sozialen Schichten besonders häufig Gewalt ausgesetzt und können sich oft aus strukturellen Gründen dieser besonders schwer entziehen. Daher wollen wir für den Schutz von Frauen und Kindern vor sexualisierter oder häuslicher Gewalt deutlich mehr tun.
Wir begrüßen das Leitbild der Landesregierung Brandenburg „Gleiche Chancen für Frauen und Mädchen“ und wollen das gleichstellungspolitische Rahmenprogramm fortschreiben, mit verbindlichen Zielvorgaben und verlässlicher Mittelausstattung. Die Brandenburgische Frauenwoche mit ihren vielfältigen Aktivitäten und die Arbeit des Frauenpolitischen Rats unterstützen wir.