Programm-Antrag: | Kein Widerspruch: Freiheit und Sicherheit |
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Antragsteller*in: | KV Brandenburg an der Havel (dort beschlossen am: 06.11.2018) |
Status: | Angenommen |
Verfahrensvorschlag: | Übernahme |
Eingereicht: | 13.11.2018, 00:21 |
Ä80 zu 3.3: Kein Widerspruch: Freiheit und Sicherheit
Antragstext
In Zeile 40 löschen:
Wir wollen grundsätzlich die Freiheit und Verantwortung des Einzelnen in den Vordergrund stellen. Wo durch die Summe des Verhaltens einzelner ein gesamtgesellschaftlicher Schaden entsteht, können gesetzliche Regelungen und Verbote nach ausführlicher gesellschaftlicher Debatte nötig und sinnvoll sein. Alles, was anderen nicht schadet, geht hingegen den Staat nichts an und sollte nur der persönlichen Lebensgestaltung überlassen werden.
Polizei bürgernah machen sowie personell und materiell gut ausstatten
Bündnis 90/Die Grünen verstehen sich als die Partei der Grund- und Bürgerrechte. Vorschläge zur Verbesserung der inneren Sicherheit prüfen wir nach drei Kriterien sorgfältig: Rechtsstaatlichkeit, Verhältnismäßigkeit und Wirksamkeit. Die Sicherheit im Land wird dagegen nicht gestärkt, indem man Bürgerrechte massiv beschneidet. Maßnahmen, die die Grundrechte unverhältnismäßig einschränken, lehnen wir ab. Instrumentarien, die das Bundesverfassungsgericht dem Bundeskriminalamt ausnahmsweise zur Terrorabwehr zugestanden hat, dürfen nicht Alltag im Polizeiwesen werden. Laut Polizeilicher Kriminalstatistik 2017 geht die Kriminalität in Brandenburg auch weiterhin zurück. Dies unterstreicht, dass keine grundsätzlich neuen Befugnisse für die Polizei vonnöten sind. Brandenburg kann beides: Bürgerrechte bewahren und gleichzeitig sicher sein!
Wir wollen eine bürgernahe, personell und materiell gut ausgestattete Polizei. Brandenburg braucht mehr Polizistinnen und Polizisten in der Fläche, die ansprechbar, gut geschult und auf Augenhöhe mit den Sorgen der Bürger*innen sind. Wir wollen eine weltoffene und moderne Polizei und sie in die Lage versetzen, die zunehmenden Hass-Delikte im Internet und die Wirtschaftskriminalität wirksam zu verfolgen. Auch in ländlichen Räumen muss wieder mehr Präsenz möglich sein, um Vieh- und Maschinendiebstähle effektiv verhindern bzw. aufklären zu können. Wir wollen die Alltags-Ausrüstung der Polizei verbessern und modernisieren. Außerdem werden wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Polizeibeamt*innen stärken. Um die Motivation zu erhöhen und den Krankenstand zu senken, wollen wir das Gesundheitsmanagement ausweiten. Beamt*innen, die länger als bis zum Pensionierungsalter arbeiten wollen, sollen dies tun können. Dafür wollen wir den Pensionseintritt flexibler gestalten. Das inzwischen
undurchschaubar gewordene Zulagensystem wollen wir entrümpeln und fair für alle gestalten.
Zu einer bürgernahen Polizei gehört auch ein transparenter Umgang mit Kritik. Wir streben die Schaffung einer unabhängigen Polizeibeschwerdestelle an, die gleichermaßen Anlaufstelle für Bürger*innen als auch für Polizeibeamt*innen sein soll. Damit schaffen wir eine Art Kontaktzentrum für die Zivilgesellschaft mit der Aufgabe, reale oder vermeintliche Übergriffe aus dem Polizeiapparat überprüfen zu lassen. Zur Wahrung der Unabhängigkeit soll die Beschwerdestelle beim Landtag angesiedelt sein. So schaffen wir mehr Vertrauen in eine bürgernahe Polizei.
Maß halten: Überwachung und Militarisierung zurückweisen
Quellen-Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) und Online-Durchsuchung stellen tiefgreifende Eingriffe in das Privatleben dar, da ein Schadprogramm auf dem Gerät installiert werden muss, das prinzipiell privateste Informationen mitschneiden kann. Noch problematischer sind diese Maßnahmen aber, weil sie erfordern, dass der Staat aktiv Sicherheitslücken, die alle Geräte betreffen, geheim hält, um sie gegen einzelne Verdächtige einzusetzen. Damit wird die innere Sicherheit nicht gestärkt, sondern massiv geschwächt. Von IT-Sicherheit hängt nicht nur die Privatsphäre aller Bürger*Innen ab, sondern auch das Funktionieren unserer Behörden, Infrastruktur und der gesamten Wirtschaft. Bereits erfolgte verheerende Angriffe z.B. auf Britische Krankenhäuser auf Basis von Sicherheitslücken, die Geheimdiensten bereits jahrelang bekannt waren, zeigen, welch immenser Schaden dadurch angerichtet werden kann. Wir wollen Vertraulichkeit und Integrität von IT-Systemen gewährleisten. Das bedeutet für uns,
Sicherheitslücken zu beseitigen statt auszunutzen.
Die Elektronische Fußfessel stellt einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte des Betroffenen dar und wird daher bisher nur gegen schwere, gerichtlich verurteilte Straftäter*innen eingesetzt. Einen vorbeugenden Einsatz lehnen wir als grundgesetzwidrig und unverhältnismäßig ab, zumal sie erwiesenermaßen niemanden an einem Terroranschlag oder einer Straftat hindern kann. Auch eine flächendeckende Schleierfahndung lehnen wir ab. Sie bindet im Verhältnis zum Ertrag viel zu viele Ressourcen, die an anderen Stellen dringender benötigt werden. Die Sammlung und Auswertung von Massendaten beispielsweise aus dem Bereich der Telekommunikation halten wir für einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte aller Bürger*innen. Außerdem ist sie weitgehend ungeeignet, um terrorbereite Personen zu ermitteln. Sowohl der Berliner Weihnachtsmarktattentäter Anis Amri als auch die NSU-Rechtsterrorist*innen Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe waren bereits vor ihren Attentaten den
Sicherheitsbehörden aufgefallen. Es waren also keine solchen Massendaten erforderlich, um diese Terrorist*innen als solche zu erkennen.
Videoüberwachung kann potenzielle Straftäter*innen und Terrorist*innen nicht abschrecken. Sie kann an neuralgischen Orten mit erhöhtem Gefahrenpotential Menschen ein Gefühl von Sicherheit vermitteln und helfen, Straftaten besser aufzuklären. Um dem präventiven Ansatz der Videoüberwachung gerecht zu werden, wird genügend Personal benötigt, damit bei einem erkannten Ereignis unmittelbar reagiert werden kann. Eine flächendeckende Überwachung des öffentlichen Raums ist mit unseren Grund- und Freiheitsrechten nicht vereinbar. Auch eine technische Aufrüstung der Videoüberwachungssysteme in Richtung einer automatisierten Verhaltensbewertung oder Identifikation von Personen lehnen wir ab.
Eine Militarisierung der Polizei mit Maschinengewehren und Handgranaten weisen wir als völlig unverhältnismäßig zurück. Dafür gibt es andere Spezialeinheiten. Die Aufgaben von Polizeihunden beschränken wir auf Such- und Spürtätigkeiten. Tiere sind keine Waffen und dürfen nicht als solche eingesetzt werden.
Wir wollen gesetzliche Regelungen, die auf aktuelle sicherheitspolitische Herausforderungen reagieren, grundsätzlich zeitlich befristen, um ihre tatsächliche Wirksamkeit sowie ihre anhaltende Notwendigkeit überprüfen zu können. Als wichtigsten Baustein der Terrorabwehr sehen wir die Prävention gegen Radikalisierung an. Die Prävention wollen wir beispielsweise in Schulen, in den Gemeinden, in der Sozialarbeit und in Gefängnissen stärker fördern. Daneben müssen angesichts neuer Herausforderungen durch internationalen Terrorismus hohe Aus- und Fortbildungsstandards für die Kriminalpolizei, insbesondere für Spezialist*innen im Staatsschutzbereich, geschaffen werden, die bundesweit gelten. Wir wollen für eine ausreichende Personaldecke sorgen.
Hass, Hetze und Mobbing im Netz bekämpfen
Wir erleben gerade in den sozialen Medien eine Verrohung der Sprache, eine sich ausbreitende Respektlosigkeit gegen Andersdenkende und offen vorgetragene Hassparolen gegen Nichtdeutsche, Glaubensgemeinschaften, Minderheiten, einzelne Bevölkerungsgruppen oder schlicht Andersdenkende. Hass, Hetze und Mobbing stellen eine Bedrohung für unsere offene Gesellschaft dar, da sie Menschen gezielt von der gleichberechtigten Teilnahme an einer Debatte abhalten. Wir fordern, dass Einschüchterungen und Straftaten dieser Art mit allen rechtsstaatlichen Mitteln verfolgt werden. Der Ausweitung der privaten Rechtsdurchsetzung widersprechen wir, stattdessen fordern wir einen Ausbau der Kapazitäten und gezielte Schulungen bei Polizei und Staatsanwaltschaften in diesem Bereich. Wir wollen auch Opferschutzverbände, Beratungsstellen und psychotherapeutischen Einrichtungen entsprechend unterstützen. Zudem braucht es einfachere Wege, solche Inhalte zu melden und anzuzeigen. Die massenhafte Nichtbearbeitung
von Anzeigen in diesem Bereich aufgrund von Überlastung der Sicherheitsbehörden darf nicht mehr vorkommen.
Die Justiz arbeitsfähig machen
Ein funktionierender Rechtsstaat ist zu allererst ein Schutz für die schwächsten Mitglieder einer Gesellschaft, die nicht die Macht haben, auf anderen Wegen zu ihrem Recht zu kommen. Damit erfüllt er eine unverzichtbare Funktion für den Sozialen Frieden und Gerechtigkeit im Land und ist eine wichtige Säule jedes demokratischen Staates. Wir sind stolz auf den guten Rechtsstaat, der in 25 Jahren in Brandenburg aufgebaut wurde und wollen alles daran setzen, ihn weiter zu verbessern und Missstände zu beheben.
Die Verfahrensdauer in Brandenburg zählt zu den längsten bundesweit, was das Vertrauen in den Rechtsstaat schwer beschädigt. Dies führt auch regelmäßig zu sogenannten „Strafrabatten“ für Verurteilte. Ursache ist eine andauernde Personalnot und der hohe Krankenstand im gesamten Justizwesen, aufgrund von Arbeitsbelastung und Personalengpässen. Durch die Überalterung und die damit verbundene hohe Anzahl an Bediensteten, die in den kommenden Jahren in Pension gehen, wird sich das Problem sogar noch weiter verschärfen. Wir wollen den Rechtsstaat reaktionsschnell machen und eine angemessene Verfahrensdauer erreichen. Kleine Amtsgerichte und Außenstellen möchten wir erhalten und alle Formulare via Internet erreichbar machen. Diese wollen wir in puncto Verständlichkeit deutlich verbessern. Für die Umsetzung aller Maßnahmen bedarf es entsprechend ausgebildeten Personals in ausreichender Zahl. Die von der Landesregierung angekündigten Verbesserungen sind nicht ausreichend.
Statt Gefängnis-Karrieren zu befördern oder Menschen einfach wegzusperren setzen wir im Justizvollzug auf die Chance auf Wiedereingliederung in die Gesellschaft. Das grundsätzlich gut aufgestellte Strafvollzugsgesetz des Landes mit seinem Fokus auf Resozialisierung wollen wir dahingehend auch konsequenter umsetzen. Eine gelungene Resozialisierung ist der beste Schutz für die Bevölkerung. Die Diskussion über Gewalt wird vor allem nach besonders drastischen Fällen immer wieder auf das Strafrecht verengt. Doch anstatt medienwirksam nach drakonischen Strafen zu rufen, brauchen wir dringend eine Politik der umfassenden Vorbeugung von Gewalt, insbesondere bei Jugendlichen. Im Jugendvollzug steht für uns der Erziehungsgedanke im Vordergrund.
Wir wollen außerdem Möglichkeiten der außergerichtlichen Einigung schaffen und Gerichte entlasten z.B. durch Umstrukturierungen - wie Amtsanwält*innen und Rechtspfleger*innen in Rheinland-Pfalz - sowie der Zurückdrängung von Ersatzfreiheitsstrafen.
Die Feuerwehren fit für die Zukunft machen: Handeln, bevor es brennt
Die verheerenden Waldbrände letzten Sommer haben allen vor Augen geführt, wie wichtig ein funktionierender Brand- und Katastrophenschutz für Brandenburg ist. In Anbetracht des Klimawandels und der hohen Munitionsbelastung weiter Landesflächen durch ehemalige Militärgelände bleibt die Waldbrandgefahr hoch. Gleichzeitig sinken die Mitgliederzahlen bei den freiwilligen Wehren und den Hilfsorganisationen kontinuierlich aufgrund der demografischen Entwicklung, vielen Berufspendler*innen und eines geänderten Freizeitverhaltens. Damit ist die Tageseinsatzbereitschaft vielerorts gefährdet. Zudem hat die Häufigkeit und Komplexität der Einsatzlagen in den vergangenen Jahren zugenommen.
Die gestiegenen Anforderungen schlagen sich auch in einem gestiegenen Bedarf an Aus- und Weiterbildung nieder. Wir fordern eine Ausweitung der Ausbildungs- und Schulungskapazitäten an der Landesschule für Brand- und Katastrophenschutz (LSTE). Diese soll zudem neben Eisenhüttenstadt einen zweiten Standort erhalten, um den Anforderungen eines großen Flächenlandes gerecht zu werden.
Das bewährte System unserer Stützpunktfeuerwehren wollen wir erhalten und fortentwickeln. Für die Beschaffung von modernen Einsatzmitteln und Modernisierung von Feuerwachen halten wir auch weiterhin Landesmittel für angebracht und unverzichtbar. Mittelfristig wird aber zur Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft die Unterfütterung von stark belasteten freiwilligen Wehren mit hauptamtlichen Kräften unvermeidbar sein. Hier wollen wir, dass Land und Kommunen gemeinsam ein tragfähiges Finanzierungskonzept entwickeln. Das Berufsbild „Kommunalbedienstete mit Feuerwehraufgaben“ sollte rasch eingeführt werden.
Ein wertschätzender Umgang mit dem Ehrenamt ist unabdingbar. Wir unterstützen ein Prämiensystem, welches langjährig tätige Freiwillige im Brand- und Katastrophenschutz mit Einmalzahlungen in Zehnjahresstufen eine monetäre Anerkennung zuteil werden lässt. Nicht hinnehmbar sind Unterschiede in der Hinterbliebenenversorgung. Ein Unfall im Ehrenamt darf nicht zu einem finanziellen Desaster führen. Hier wollen wir weiterhin für einen Ausgleich über den Landeshaushalt sorgen, bis Sozialversicherungssysteme angepasst sind.
Wir wollen Feuerwehrkräfte von Aufgaben entlasten, die auch von anderer Stelle qualifiziert durchgeführt werden können, solange keine Gefahr für Leib und Leben droht: Beseitigung von Ölspuren auf Straßen, Tragehilfe im Rettungsdienst sowie Notöffnung von Türen. Dem Waldumbau weg von Kiefermonokulturen kommt bei der Prävention von Waldbränden große Bedeutung zu. Bei der Waldbrandbekämpfung aus der Luft bei Großschadenslagen setzen wir uns für vertiefte Kooperationen mit dem Bund und anderen Ländern ein.
Mehr Freiheit wagen
Freiheit ist kein Tool im politischen Baukasten, sondern ein Grundwert, der auf Recht und Verantwortung beruht. Überall kämpfen Menschen um ihre Freiheit. Sie wird von verschiedensten Seiten immer wieder bedroht und muss gesellschaftlich immer wieder neu ausgehandelt werden. Aktuell gibt es neue autoritäre Bestrebungen, die auf eine einheitliche "Volksgemeinschaft" hinarbeiten und damit auf die Rückabwicklung vieler erkämpfter Freiheiten des Einzelnen Menschen. Aber auch Umweltverschmutzung, wirtschaftliche Zwänge, unkontrollierte Machtkonzentrationen beeinflussen maßgeblich, welche Freiheiten wir tatsächlich ausleben können.
Wir wollen grundsätzlich die Freiheit und Verantwortung des Einzelnen in den Vordergrund stellen. Wo durch die Summe des Verhaltens einzelner ein gesamtgesellschaftlicher Schaden entsteht, können gesetzliche Regelungen und Verbote nach ausführlicher gesellschaftlicher Debatte nötig und sinnvoll sein. Alles, was anderen nicht schadet, geht hingegen den Staat nichts an und sollte nur der persönlichen Lebensgestaltung überlassen werden.
Daher wollen wir unnütze Verbote abschaffen. Dazu gehört beispielsweise das Tanzverbot am Karfreitag: solange die Feiertagsruhe von anderen nicht beeinträchtigt wird, soll jede*r, der tanzen will, dies auch tun! Cannabis-Konsum und Schwarzfahren wollen wir entkriminalisieren. Damit entlasten wir auch Polizei und Justiz, die sich dann stärker den wirklichen Verbrechen und Gefahren widmen können.
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Wir wollen grundsätzlich die Freiheit und Verantwortung des Einzelnen in den Vordergrund stellen. Wo durch die Summe des Verhaltens einzelner ein gesamtgesellschaftlicher Schaden entsteht, können gesetzliche Regelungen und Verbote nach ausführlicher gesellschaftlicher Debatte nötig und sinnvoll sein. Alles, was anderen nicht schadet, geht hingegen den Staat nichts an und sollte nur der persönlichen Lebensgestaltung überlassen werden.
Polizei bürgernah machen sowie personell und materiell gut ausstatten
Bündnis 90/Die Grünen verstehen sich als die Partei der Grund- und Bürgerrechte. Vorschläge zur Verbesserung der inneren Sicherheit prüfen wir nach drei Kriterien sorgfältig: Rechtsstaatlichkeit, Verhältnismäßigkeit und Wirksamkeit. Die Sicherheit im Land wird dagegen nicht gestärkt, indem man Bürgerrechte massiv beschneidet. Maßnahmen, die die Grundrechte unverhältnismäßig einschränken, lehnen wir ab. Instrumentarien, die das Bundesverfassungsgericht dem Bundeskriminalamt ausnahmsweise zur Terrorabwehr zugestanden hat, dürfen nicht Alltag im Polizeiwesen werden. Laut Polizeilicher Kriminalstatistik 2017 geht die Kriminalität in Brandenburg auch weiterhin zurück. Dies unterstreicht, dass keine grundsätzlich neuen Befugnisse für die Polizei vonnöten sind. Brandenburg kann beides: Bürgerrechte bewahren und gleichzeitig sicher sein!
Wir wollen eine bürgernahe, personell und materiell gut ausgestattete Polizei. Brandenburg braucht mehr Polizistinnen und Polizisten in der Fläche, die ansprechbar, gut geschult und auf Augenhöhe mit den Sorgen der Bürger*innen sind. Wir wollen eine weltoffene und moderne Polizei und sie in die Lage versetzen, die zunehmenden Hass-Delikte im Internet und die Wirtschaftskriminalität wirksam zu verfolgen. Auch in ländlichen Räumen muss wieder mehr Präsenz möglich sein, um Vieh- und Maschinendiebstähle effektiv verhindern bzw. aufklären zu können. Wir wollen die Alltags-Ausrüstung der Polizei verbessern und modernisieren. Außerdem werden wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Polizeibeamt*innen stärken. Um die Motivation zu erhöhen und den Krankenstand zu senken, wollen wir das Gesundheitsmanagement ausweiten. Beamt*innen, die länger als bis zum Pensionierungsalter arbeiten wollen, sollen dies tun können. Dafür wollen wir den Pensionseintritt flexibler gestalten. Das inzwischen
undurchschaubar gewordene Zulagensystem wollen wir entrümpeln und fair für alle gestalten.
Zu einer bürgernahen Polizei gehört auch ein transparenter Umgang mit Kritik. Wir streben die Schaffung einer unabhängigen Polizeibeschwerdestelle an, die gleichermaßen Anlaufstelle für Bürger*innen als auch für Polizeibeamt*innen sein soll. Damit schaffen wir eine Art Kontaktzentrum für die Zivilgesellschaft mit der Aufgabe, reale oder vermeintliche Übergriffe aus dem Polizeiapparat überprüfen zu lassen. Zur Wahrung der Unabhängigkeit soll die Beschwerdestelle beim Landtag angesiedelt sein. So schaffen wir mehr Vertrauen in eine bürgernahe Polizei.
Maß halten: Überwachung und Militarisierung zurückweisen
Quellen-Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) und Online-Durchsuchung stellen tiefgreifende Eingriffe in das Privatleben dar, da ein Schadprogramm auf dem Gerät installiert werden muss, das prinzipiell privateste Informationen mitschneiden kann. Noch problematischer sind diese Maßnahmen aber, weil sie erfordern, dass der Staat aktiv Sicherheitslücken, die alle Geräte betreffen, geheim hält, um sie gegen einzelne Verdächtige einzusetzen. Damit wird die innere Sicherheit nicht gestärkt, sondern massiv geschwächt. Von IT-Sicherheit hängt nicht nur die Privatsphäre aller Bürger*Innen ab, sondern auch das Funktionieren unserer Behörden, Infrastruktur und der gesamten Wirtschaft. Bereits erfolgte verheerende Angriffe z.B. auf Britische Krankenhäuser auf Basis von Sicherheitslücken, die Geheimdiensten bereits jahrelang bekannt waren, zeigen, welch immenser Schaden dadurch angerichtet werden kann. Wir wollen Vertraulichkeit und Integrität von IT-Systemen gewährleisten. Das bedeutet für uns,
Sicherheitslücken zu beseitigen statt auszunutzen.
Die Elektronische Fußfessel stellt einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte des Betroffenen dar und wird daher bisher nur gegen schwere, gerichtlich verurteilte Straftäter*innen eingesetzt. Einen vorbeugenden Einsatz lehnen wir als grundgesetzwidrig und unverhältnismäßig ab, zumal sie erwiesenermaßen niemanden an einem Terroranschlag oder einer Straftat hindern kann. Auch eine flächendeckende Schleierfahndung lehnen wir ab. Sie bindet im Verhältnis zum Ertrag viel zu viele Ressourcen, die an anderen Stellen dringender benötigt werden. Die Sammlung und Auswertung von Massendaten beispielsweise aus dem Bereich der Telekommunikation halten wir für einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte aller Bürger*innen. Außerdem ist sie weitgehend ungeeignet, um terrorbereite Personen zu ermitteln. Sowohl der Berliner Weihnachtsmarktattentäter Anis Amri als auch die NSU-Rechtsterrorist*innen Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe waren bereits vor ihren Attentaten den
Sicherheitsbehörden aufgefallen. Es waren also keine solchen Massendaten erforderlich, um diese Terrorist*innen als solche zu erkennen.
Videoüberwachung kann potenzielle Straftäter*innen und Terrorist*innen nicht abschrecken. Sie kann an neuralgischen Orten mit erhöhtem Gefahrenpotential Menschen ein Gefühl von Sicherheit vermitteln und helfen, Straftaten besser aufzuklären. Um dem präventiven Ansatz der Videoüberwachung gerecht zu werden, wird genügend Personal benötigt, damit bei einem erkannten Ereignis unmittelbar reagiert werden kann. Eine flächendeckende Überwachung des öffentlichen Raums ist mit unseren Grund- und Freiheitsrechten nicht vereinbar. Auch eine technische Aufrüstung der Videoüberwachungssysteme in Richtung einer automatisierten Verhaltensbewertung oder Identifikation von Personen lehnen wir ab.
Eine Militarisierung der Polizei mit Maschinengewehren und Handgranaten weisen wir als völlig unverhältnismäßig zurück. Dafür gibt es andere Spezialeinheiten. Die Aufgaben von Polizeihunden beschränken wir auf Such- und Spürtätigkeiten. Tiere sind keine Waffen und dürfen nicht als solche eingesetzt werden.
Wir wollen gesetzliche Regelungen, die auf aktuelle sicherheitspolitische Herausforderungen reagieren, grundsätzlich zeitlich befristen, um ihre tatsächliche Wirksamkeit sowie ihre anhaltende Notwendigkeit überprüfen zu können. Als wichtigsten Baustein der Terrorabwehr sehen wir die Prävention gegen Radikalisierung an. Die Prävention wollen wir beispielsweise in Schulen, in den Gemeinden, in der Sozialarbeit und in Gefängnissen stärker fördern. Daneben müssen angesichts neuer Herausforderungen durch internationalen Terrorismus hohe Aus- und Fortbildungsstandards für die Kriminalpolizei, insbesondere für Spezialist*innen im Staatsschutzbereich, geschaffen werden, die bundesweit gelten. Wir wollen für eine ausreichende Personaldecke sorgen.
Hass, Hetze und Mobbing im Netz bekämpfen
Wir erleben gerade in den sozialen Medien eine Verrohung der Sprache, eine sich ausbreitende Respektlosigkeit gegen Andersdenkende und offen vorgetragene Hassparolen gegen Nichtdeutsche, Glaubensgemeinschaften, Minderheiten, einzelne Bevölkerungsgruppen oder schlicht Andersdenkende. Hass, Hetze und Mobbing stellen eine Bedrohung für unsere offene Gesellschaft dar, da sie Menschen gezielt von der gleichberechtigten Teilnahme an einer Debatte abhalten. Wir fordern, dass Einschüchterungen und Straftaten dieser Art mit allen rechtsstaatlichen Mitteln verfolgt werden. Der Ausweitung der privaten Rechtsdurchsetzung widersprechen wir, stattdessen fordern wir einen Ausbau der Kapazitäten und gezielte Schulungen bei Polizei und Staatsanwaltschaften in diesem Bereich. Wir wollen auch Opferschutzverbände, Beratungsstellen und psychotherapeutischen Einrichtungen entsprechend unterstützen. Zudem braucht es einfachere Wege, solche Inhalte zu melden und anzuzeigen. Die massenhafte Nichtbearbeitung
von Anzeigen in diesem Bereich aufgrund von Überlastung der Sicherheitsbehörden darf nicht mehr vorkommen.
Die Justiz arbeitsfähig machen
Ein funktionierender Rechtsstaat ist zu allererst ein Schutz für die schwächsten Mitglieder einer Gesellschaft, die nicht die Macht haben, auf anderen Wegen zu ihrem Recht zu kommen. Damit erfüllt er eine unverzichtbare Funktion für den Sozialen Frieden und Gerechtigkeit im Land und ist eine wichtige Säule jedes demokratischen Staates. Wir sind stolz auf den guten Rechtsstaat, der in 25 Jahren in Brandenburg aufgebaut wurde und wollen alles daran setzen, ihn weiter zu verbessern und Missstände zu beheben.
Die Verfahrensdauer in Brandenburg zählt zu den längsten bundesweit, was das Vertrauen in den Rechtsstaat schwer beschädigt. Dies führt auch regelmäßig zu sogenannten „Strafrabatten“ für Verurteilte. Ursache ist eine andauernde Personalnot und der hohe Krankenstand im gesamten Justizwesen, aufgrund von Arbeitsbelastung und Personalengpässen. Durch die Überalterung und die damit verbundene hohe Anzahl an Bediensteten, die in den kommenden Jahren in Pension gehen, wird sich das Problem sogar noch weiter verschärfen. Wir wollen den Rechtsstaat reaktionsschnell machen und eine angemessene Verfahrensdauer erreichen. Kleine Amtsgerichte und Außenstellen möchten wir erhalten und alle Formulare via Internet erreichbar machen. Diese wollen wir in puncto Verständlichkeit deutlich verbessern. Für die Umsetzung aller Maßnahmen bedarf es entsprechend ausgebildeten Personals in ausreichender Zahl. Die von der Landesregierung angekündigten Verbesserungen sind nicht ausreichend.
Statt Gefängnis-Karrieren zu befördern oder Menschen einfach wegzusperren setzen wir im Justizvollzug auf die Chance auf Wiedereingliederung in die Gesellschaft. Das grundsätzlich gut aufgestellte Strafvollzugsgesetz des Landes mit seinem Fokus auf Resozialisierung wollen wir dahingehend auch konsequenter umsetzen. Eine gelungene Resozialisierung ist der beste Schutz für die Bevölkerung. Die Diskussion über Gewalt wird vor allem nach besonders drastischen Fällen immer wieder auf das Strafrecht verengt. Doch anstatt medienwirksam nach drakonischen Strafen zu rufen, brauchen wir dringend eine Politik der umfassenden Vorbeugung von Gewalt, insbesondere bei Jugendlichen. Im Jugendvollzug steht für uns der Erziehungsgedanke im Vordergrund.
Wir wollen außerdem Möglichkeiten der außergerichtlichen Einigung schaffen und Gerichte entlasten z.B. durch Umstrukturierungen - wie Amtsanwält*innen und Rechtspfleger*innen in Rheinland-Pfalz - sowie der Zurückdrängung von Ersatzfreiheitsstrafen.
Die Feuerwehren fit für die Zukunft machen: Handeln, bevor es brennt
Die verheerenden Waldbrände letzten Sommer haben allen vor Augen geführt, wie wichtig ein funktionierender Brand- und Katastrophenschutz für Brandenburg ist. In Anbetracht des Klimawandels und der hohen Munitionsbelastung weiter Landesflächen durch ehemalige Militärgelände bleibt die Waldbrandgefahr hoch. Gleichzeitig sinken die Mitgliederzahlen bei den freiwilligen Wehren und den Hilfsorganisationen kontinuierlich aufgrund der demografischen Entwicklung, vielen Berufspendler*innen und eines geänderten Freizeitverhaltens. Damit ist die Tageseinsatzbereitschaft vielerorts gefährdet. Zudem hat die Häufigkeit und Komplexität der Einsatzlagen in den vergangenen Jahren zugenommen.
Die gestiegenen Anforderungen schlagen sich auch in einem gestiegenen Bedarf an Aus- und Weiterbildung nieder. Wir fordern eine Ausweitung der Ausbildungs- und Schulungskapazitäten an der Landesschule für Brand- und Katastrophenschutz (LSTE). Diese soll zudem neben Eisenhüttenstadt einen zweiten Standort erhalten, um den Anforderungen eines großen Flächenlandes gerecht zu werden.
Das bewährte System unserer Stützpunktfeuerwehren wollen wir erhalten und fortentwickeln. Für die Beschaffung von modernen Einsatzmitteln und Modernisierung von Feuerwachen halten wir auch weiterhin Landesmittel für angebracht und unverzichtbar. Mittelfristig wird aber zur Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft die Unterfütterung von stark belasteten freiwilligen Wehren mit hauptamtlichen Kräften unvermeidbar sein. Hier wollen wir, dass Land und Kommunen gemeinsam ein tragfähiges Finanzierungskonzept entwickeln. Das Berufsbild „Kommunalbedienstete mit Feuerwehraufgaben“ sollte rasch eingeführt werden.
Ein wertschätzender Umgang mit dem Ehrenamt ist unabdingbar. Wir unterstützen ein Prämiensystem, welches langjährig tätige Freiwillige im Brand- und Katastrophenschutz mit Einmalzahlungen in Zehnjahresstufen eine monetäre Anerkennung zuteil werden lässt. Nicht hinnehmbar sind Unterschiede in der Hinterbliebenenversorgung. Ein Unfall im Ehrenamt darf nicht zu einem finanziellen Desaster führen. Hier wollen wir weiterhin für einen Ausgleich über den Landeshaushalt sorgen, bis Sozialversicherungssysteme angepasst sind.
Wir wollen Feuerwehrkräfte von Aufgaben entlasten, die auch von anderer Stelle qualifiziert durchgeführt werden können, solange keine Gefahr für Leib und Leben droht: Beseitigung von Ölspuren auf Straßen, Tragehilfe im Rettungsdienst sowie Notöffnung von Türen. Dem Waldumbau weg von Kiefermonokulturen kommt bei der Prävention von Waldbränden große Bedeutung zu. Bei der Waldbrandbekämpfung aus der Luft bei Großschadenslagen setzen wir uns für vertiefte Kooperationen mit dem Bund und anderen Ländern ein.
Mehr Freiheit wagen
Freiheit ist kein Tool im politischen Baukasten, sondern ein Grundwert, der auf Recht und Verantwortung beruht. Überall kämpfen Menschen um ihre Freiheit. Sie wird von verschiedensten Seiten immer wieder bedroht und muss gesellschaftlich immer wieder neu ausgehandelt werden. Aktuell gibt es neue autoritäre Bestrebungen, die auf eine einheitliche "Volksgemeinschaft" hinarbeiten und damit auf die Rückabwicklung vieler erkämpfter Freiheiten des Einzelnen Menschen. Aber auch Umweltverschmutzung, wirtschaftliche Zwänge, unkontrollierte Machtkonzentrationen beeinflussen maßgeblich, welche Freiheiten wir tatsächlich ausleben können.
Wir wollen grundsätzlich die Freiheit und Verantwortung des Einzelnen in den Vordergrund stellen. Wo durch die Summe des Verhaltens einzelner ein gesamtgesellschaftlicher Schaden entsteht, können gesetzliche Regelungen und Verbote nach ausführlicher gesellschaftlicher Debatte nötig und sinnvoll sein. Alles, was anderen nicht schadet, geht hingegen den Staat nichts an und sollte nur der persönlichen Lebensgestaltung überlassen werden.
Daher wollen wir unnütze Verbote abschaffen. Dazu gehört beispielsweise das Tanzverbot am Karfreitag: solange die Feiertagsruhe von anderen nicht beeinträchtigt wird, soll jede*r, der tanzen will, dies auch tun! Cannabis-Konsum und Schwarzfahren wollen wir entkriminalisieren. Damit entlasten wir auch Polizei und Justiz, die sich dann stärker den wirklichen Verbrechen und Gefahren widmen können.
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